Geschüttelt, nicht gerührt – Gemischte Aufträge
Was passiert, wenn ein Auftraggeber einen Auftrag vergeben möchte, der Elemente verschiedener Auftragsarten (Bau-, Liefer- und Dienstleistungen beinhaltet (sogenannte „gemischte Aufträge“)?
Die Vergabe von gemischten Aufträgen ist selbstverständlich möglich und in der Praxis eine überaus häufige Auftragskonstellation. Oft enthält ein Auftrag neben Liefer- auch Dienstleistungskomponenten oder sind z.B. bei einem Bauauftrag auch Planungsleistungen erforderlich. Allerdings muss der gesamte zu vergebende Auftrag entweder als Bau-, Liefer-, oder Dienstleistungsauftrag kategorisiert werden. Beim Zusammentreffen verschiedener Auftragsarten sieht das Bundesvergabegesetz (BVergG) besondere Abgrenzungs- und Zuordnungsregeln vor:
Die Grundregel – main object test
Bei Zusammentreffen von Bauleistungen mit anderen Auftragsarten (Dienstleistungen und/oder Lieferungen), ist der Auftrag nach den Regelungen jener Auftragsart zu vergeben, die den Hauptgegenstand des Auftrages bildet.
Der Hauptgegenstand ist im Rahmen einer objektiven Prüfung des Gesamtvorhabens zu bestimmen. Dabei ist auf die wesentlichen, vorrangigen Verpflichtungen abzustellen, die den Leistungsgegenstand prägen. Der jeweilige Wert der zu erbringenden Einzelleistungen ist nur eines von mehreren zu berücksichtigenden Kriterien und nicht allein ausschlaggebend.
Beispiel: Die Vergabe eines Auftrages, der die gleichzeitige Ausführung eines Bauvorhabens (Bauleistung) und der kleinere laufende Instandhaltungs- und -setzungsarbeiten mit geringer technischer Komplexität (Dienstleistung) umfasst, ist als Bauauftrag zu qualifizieren, wenn hauptsächlich Bauleistungen im Rahmen des Leistungsvertrags erbracht werden.
Wertmäßigkeit geht vor – main value test
Im Falle eines gemischten Auftrages, der nur Lieferungen und Dienstleistungen umfasst, bestimmt sich der Hauptgegenstand allein nach dem wertmäßigen Überwiegensprinzip. Das bedeutet, dass Aufträge, die sowohl Lieferungen als auch Dienstleistungen umfassen als Dienstleistungsaufträge gelten, wenn der geschätzte Wert der Dienstleistungen höher ist als der geschätzte Wert der Waren und umgekehrt.
Hinweis: Das BVergG umfasst als Lieferauftrag auch Nebenarbeiten, wie das Verlegen oder die Installation. Aus diesem Grund kann also ein Lieferauftrag auch Dienstleistungselemente beinhalten, ohne dass diese selbst als Dienstleistungsaufträge einzuordnen wären. Eine Abgrenzung anhand des main value tests ist nur notwendig, wenn das Ausmaß der Dienstleistung über die Qualifikation als Nebenarbeit hinausgeht.
Das wertmäßige Überwiegensprinzip gilt auch im Fall des Zusammentreffens von besonderen Dienstleistungen (z.B. Dienstleistungen im Sozial- und Gesundheits- oder Bildungsbereich gemäß Anhang XVI zum BVergG) und anderen (allgemeinen) Dienstleistungen. Solche gemischten Aufträge sind nach den Regelungen für besondere Dienstleistungen zu vergeben, wenn der geschätzte Wert der besonderen Dienstleistungen höher ist als jener der (allgemeinen) Dienstleistungen.