Ausschreibungsunterlagen korrekt erstellen und ändern
Ausschreibungsunterlagen sind Kernelemente von Vergabeverfahren. Diese müssen nicht nur den Anforderungen in Bezug auf die Gleichbehandlung von Bietern genügen, sondern auch – abhängig von der Verfahrensart – gewisse Mindestinhalte bieten. Aktuelle Gerichtentscheidungen zeigen auf, was bei der Erstellung oder Änderung der Ausschreibungsunterlagen zu beachten ist.
Unrichtiger CPV-Codes in Bekanntmachung führt zu Nichtigkeit
Der Verwaltungsgerichtshof hat klargestellt, dass in der Bekanntmachung und bei der Beschreibung des Auftragsgegenstands der richtige und aktuelle CPV-Code angegeben werden muss. Wird ein CPV-Code verwendet, der die vertragsgegenständlichen Leistungen nicht umfasst, ist die Bekanntmachung nichtig. Der Wegfall der Bekanntmachung führt zur Rechtswidrigkeit des Verfahrens, weil es ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde. Ein unrichtiger CPV-Code kann gegebenenfalls sogar bis zu sechs Monate nach Bekanntgabe eines vergebenen Auftrags mit einem Feststellungsantrag bekämpft werden und zur Nichtigkeit des Vertrags führen.
Nachdem die Bekanntmachung dazu dient, dass potentielle Interessenten prüfen können, ob ein bestimmtes Vergabeverfahren für sie interessant ist, haben Auftraggeber in der Bekanntmachung jedenfalls den richtigen und vom Leistungsgegenstand gedeckten CPV-Code anzugeben . Interessenten kann nämlich nicht zugemutet werden, in den Ausschreibungsunterlagen nachzulesen, was der tatsächliche Auftragsgegenstand ist.
Beschluss Verwaltungsgerichtshof: VwGH 28.09.2020, Ra 2020/04/0044
Offenlegung der Marktsondierungsgespräche
Wurde eine umfassende Markterkundung durchgeführt, die auch ein Konzept einer vollständigen Ausschreibung samt den geplanten Eignungs- und Zuschlagskriterien einschließt, genügt es nicht, nur ausgewählte Ergebnisse der Markterkundung in den Ausschreibungsunterlagen aufzunehmen. Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes müssen die gesamten Protokolle der durchgeführten Marktsondierungsgespräche in anonymisierter Form und ohne Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowie das Konzept der Ausschreibungsunterlagen allen interessierten Unternehmern zugänglich gemacht werden.
Erkenntnis des Verwaltungsgericht Wien: VwG Wien 09.10.2019, VGW-123/077/10956/2019
Keine verpflichtende Bekanntgabe der Größe und Zusammensetzung von Bewertungskommissionen
Beim Einsatz einer Kommission zur Bewertung der Angebote müssen deren Größe und Zusammensetzung nicht in den Ausschreibungsunterlagen bekanntgegeben werden. Lediglich das gänzliche Fehlen von Angaben zum Bewertungsvorgang verstößt gegen das Transparenzgebot. Jedenfalls erforderlich ist, dass jedes Jurymitglied die fachlichen Voraussetzungen für die Prüfung und Beurteilung der Angebote erfüllt.
Im Nachprüfungsverfahren kann aber jede Entscheidung des Auftraggebers und somit auch die konkrete Besetzung der Kommission angefochten werden.
Entscheidungen Bundeserwaltungsgericht: BVwG 22.11.2019, W187 2224114-2/43E und 22.02.2017, W187 2144680-2/30E
Entscheidung Bundeserwaltungsgericht: BVwG 11.02.2014, W187 2000002-1/23E (Fehlen jeglicher Angaben verstößt gegen Transparenzgebot)
Berichtigung der Ausschreibung in Bezug auf Mindestabnahmemengen und Zuschlagskriterien kann zulässig sein
Eine Berichtigung der Ausschreibung ist zulässig, wenn sie erforderlich ist und nicht zu einer wesentlichen inhaltlichen Änderung der Ausschreibung führt. Trifft Letzteres zu, wäre die Ausschreibung wegen Vorliegens zwingender Gründe zu widerrufen.
Das Verwaltungsgericht Wien stellte in diesem Zusammenhang fest, dass die Festlegung einer Mindestabnahmemenge in der Höhe des bisherigen geschätzten Jahresbedarfs zulässig sein kann. Im gegenständlichen Fall hat sich der Bieterkreis nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht geändert, weil weiterhin mit denselben geschätzten Liefermengen zu kalkulieren gewesen ist und keine Änderung des Umfangs oder der Art der zu liefernden Leistung erfolgt ist.
Vielmehr verschafft eine derartige Berichtigung den Bietern die Sicherheit, dass ihnen die Jahresmenge garantiert abgenommen wird. Auch eine Änderung der Zuschlagskriterien durch Streichung einer Passage, wonach nur die drei preislich bestgereihten Angebote einer Qualitätsbewertung unterzogen werden, ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts zulässig. Diese Berichtigung führt nämlich nicht zu einer wesentlichen Änderung des Bieterkreises, weil sie keine Bieter anzieht, die ohne die Änderung kein Angebot abgeben hätten können.
Entscheidung Verwaltungsgericht Wien: VwG Wien 05.06.2020, VGW-123/046/1360/2020
Unzulässigkeit allgemeiner Einschränkungen von Subvergaben
Beschränkungen im Zusammenhang mit der Weitergabe von Leistungsteilen an Subunternehmer müssen auf sachlichen Gründen beruhen und insbesondere auf die Art des konkreten Auftrags sowie auf den Wirtschaftsbereich Bedacht nehmen. Zulässig ist daher die Festlegung von bestimmten kritischen Aufgaben, die vom Bieter selbst zu erbringen sind, nicht aber eine abstrakte quantitative Beschränkung von Subvergaben durch eine feste Quote.
Eine gesetzliche Bestimmung, wonach ein Bieter maximal 30% des Gesamtbetrags des Auftrags an Subunternehmer weitergeben darf, ist somit unzulässig. Genauso unzulässig ist eine gesetzliche Regelung, die eine Maximalgrenze für Aufschläge der Bieter auf ihre Subunternehmerpreise – im konkreten Fall 20% – vorsieht.
Ausschlaggebend für die Unzulässigkeit der gesetzlichen Bestimmungen war für den EuGH in beiden Fällen, dass derartige Beschränkungen keinen Spielraum für eine Einzelfallbeurteilung durch den Auftraggeber lassen und daher nicht verhältnismäßig sind.
Urteil Europäischer Gerichtshof EuGH 25.09.2019, C-63/18, Vitali SpA (30%-Beschränkung von Subvergaben)
Urteil Europäischer Gerichtshof EuGH 27.11.2019, C-402/18, Tedeschi Srl (Maximalaufschlag von 20% auf Subunternehmerpreise)