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VwGH: Weitergabe von 98 % des Auftrags an Subunternehmer zulässig?

2 Minuten Lesezeit

Bekanntlich ist die Weitergabe des gesamten Auftrags an Subunternehmer grundsätzlich un-zulässig. Wie sieht es aber aus, wenn ein Bieter „nur“ 98 % des Auftrags an Subunternehmer weitergeben möchte? Mit dieser Frage befasste sich kürzlich der VwGH und kam zu einem klaren Ergebnis.

Rechtlicher Kontext

Bieter dürfen grundsätzlich Teile der Auftragsleistungen an Subunternehmer weitergeben. Eine Weitergabe des gesamten Auftrags ist allerdings, außer bei Kaufverträgen und bei Weitergaben an verbundene Unternehmen, verboten (§ 98 Abs 1 BVergG 2018). Zur Auslegung der Wortfolge „gesamter Auftrag“ gab es bisher keine höchstgerichtliche Judikatur.

Ausgangssachverhalt und Entscheidung des LVWG

Das Land Vorarlberg leitete ein offenes Verfahren zur Erbringung von Winterdienstleistungen auf Straßen (Räumen und Streuen) ein. Eine Bieterin gab in ihrem Angebot an, sich einer Subunternehmerin zu bedienen. Der Wert dieser Leistungen wurde im Angebot mit 98 % der Gesamtleistung angegeben. Die Bieterin selbst beabsichtigte, lediglich die Beistellung und Wartung der Geräte (Schneepflug und Streugerät) für einen von mehreren LKWs sowie Organisations- und Dispositionsaufgaben selbst zu erbringen.

Die Auftraggeberin beurteilte diese Angaben als unzulässige Weitergabe des gesamten Auftrags und schied das Angebot der Bieterin aus. Das LVwG Vorarlberg bestätigte die Ausscheidensentscheidung und erkannte ebenfalls eine unzulässige Weitergabe des gesamten Auftrags. Für die Beurteilung stellte es eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an und kam zu dem Ergebnis, dass die von der Bieterin selbst erbrachten Leistungen kaum ins Gewicht fallen würden und von untergeordneter Bedeutung seien.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH prüfte die gesetzlichen Vorgaben und kam zu einem klaren Ergebnis: „Weder der Wortlaut des § 83 Abs. 1 BVergG 2006 noch die […] Gesetzesmaterialien [liefern] Anhaltspunkte dafür […], dass eine Weitergabe des gesamten Auftrages bereits dann vorliegt, wenn die wirtschaftlich weit überwiegenden Leistungen (sowohl ihre Bedeutung für den Auftragsgegenstand als auch ihren wirtschaftlichen Anteil am Gesamtauftragswert betreffend) weitergegeben werden sollen.“

In quantitativer Hinsicht bedeutet die Weitergabe des „gesamten Auftrags“ somit die Weitergabe von 100 % des Auftrags an Subunternehmer.

Auf qualitative Aspekte kommt es grundsätzlich nicht an, es sind somit auch Leistungen von untergeordneter Bedeutung in die Prozentberechnung einzubeziehen. Der VwGH macht von diesem Grundsatz aber eine wesentliche Ausnahme: Bloße Hilfstätigkeiten der Bieterin, mit denen die Subunternehmerin nur in die Lage versetzt wird, die Räumungs- und Streuleistungen zu erbringen, sind nicht zugunsten der Bieterin zu berücksichtigen: „Wenn nämlich für die Einstufung eines Dritten als Subunternehmer darauf abzustellen ist, ob dieser einen Leistungsteil selbst ausführt oder ob er bloß als Zulieferer bzw. Hilfsunternehmer (dessen Leistung darin besteht, den Auftragnehmer in die Lage zu versetzen, einen Leistungsteil des Auftrages erst erbringen zu können) auftritt, dann kann umgekehrt die Erbringung von bloßen Zuliefer- oder Hilfstätigkeiten durch den Auftragnehmer für sich allein dazu führen, dass eine Weitergabe des gesamten Auftrages vorliegt.“

Zur Frage, wann bloße Hilfsleistungen vorliegen, verweist der VwGH auf seine bisherige Judikatur (VwGH 22.3.2019, Ro 2017/04/0022): Im Gegensatz zur selbst ausgeführten Leistung, bei der Teile des Auftrages – im Sinn der Herstellung eines werkvertraglichen Teilerfolgs – selbst hergestellt oder unter der persönlichen Verantwortung des Bieters ausgeführt werden, versetzt ein Unternehmen den Auftragnehmer (lediglich) in die Lage, den Auftrag zu erbringen. Im konkreten Fall waren die geringfügigen Leistungen der Bieterin als Teilleistungen im Leistungsverzeichnis vorhanden und auszupreisen. Daraus schloss der Gerichtshof, dass es sich nicht um bloße Hilfstätigkeiten handle.

Fazit

Die Weitergabe von 98 % des Auftrags an Subunternehmer:innen verstößt nicht gegen das Verbot der Weitergabe des gesamten Auftrags an Subunternehmer:innen gemäß § 98 Abs 1 BVergG 2018. Erbringen Bieter allerdings bloße Hilfstätigkeiten oder sind lediglich Zulieferer, werden diese Leistungen bei der Prozentberechnung nicht zugunsten der Bieter berücksichtigt.

Anderes gilt nur, wenn Auftraggeber in der Ausschreibung eine dahingehende Festlegung treffen. Allfällige Einschränkungen des Rückgriffs auf Subunternehmer in der Ausschreibung sind jedoch nur im Einzelfall zulässig, sofern dies sachlich gerechtfertigt und angemessen ist. Für nähere Details dazu empfehlen wir die Teilnahme am Vergabequiz in dieser Ausgabe des Update Vergabe.