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Klarstellung des BMJ zur Veröffentlichungspflicht für Auftraggeber:innen

2 Minuten Lesezeit

Seit 1. Jänner 2023 müssen alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe von ihnen in Auftrag gegebene Studien, Gutachten und Umfragen samt deren Kosten veröffentlichen. Dies ist in Art. 20 Abs 5 B-VG geregelt.

Das Justizministerium hat ein Rundschreiben vom 29. Juni 2023 veröffentlicht, das bestimmte Punkte der Veröffentlichungspflicht in Bezug auf das Vergaberecht klarstellt – zum Beispiel:

  1. Auftraggeber:innen im Sinne der im Art. 20 Abs. 5 B-VG verankerten Veröffentlichungspflicht sind nicht deckungsgleich mit jenen des Vergaberechts. In jedem Fall von der Veröffentlichungspflicht erfasst sind: Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände. Um zu wissen, ob andere Auftraggeber:innen unter die Veröffentlichungspflicht fallen, muss geprüft werden, ob sie „mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betraut“ sind und in diesem Rahmen z.B. eine Studie beauftragt haben.
  2. Von der Veröffentlichungspflicht sind auch Beauftragungen erfasst, die von den Vergabegesetzen ausgenommen sind (z.B. Rechtsgutachten).
  3. Von der Veröffentlichungspflicht ist auch der Unterschwellenbereich Als „Entgelt“ gelten auch geldwerte Gegenleistungen oder ein reiner Kostenersatz. Dabei sind „Kosten“ nicht das Gleiche wie die für das Vergaberecht relevanten Auftragssummen. Vielmehr geht es um den Betrag, der tatsächlich abgerechnet wird. Dieser schließt auch Steuern ein.
  4. Die vergaberechtlichen Bekanntgabepflichten entsprechen nicht der Veröffentlichungsverpflichtung. Sie sind unterschiedlich und sind unabhängig voneinander einzuhalten. Insbesondere umfassen die Bekanntgabepflichten keine Veröffentlichung der Studie, des Gutachtens oder der Umfrage selbst – somit ist mit der Bekanntgabe nach dem Vergaberecht keinesfalls die Veröffentlichungsverpflichtung erfüllt. Das gilt auch wechselseitig: Eine Veröffentlichung im Sinne des Art. 20 Abs. 5 B-VG ist keine Bekanntgabe im Sinne des Vergaberechts. Betroffene Auftraggeber:innen müssen also darauf achten, in Auftrag gegebene Studien, Gutachten und Umfragen sowohl nach den Vergabegesetzen rechtskonform bekannt zu geben als auch nach dem Art. 20 Abs. 5 B-VG zu veröffentlichen.
  5. Auch bei der Frage, wie lange die Veröffentlichung bestehen muss, können die Regelungen des Vergaberechts nicht angewandt werden.
  6. Auftraggeber:innen sind verfassungsrechtlich zur Veröffentlichung verpflichtet. Sie können diese Verpflichtung also nicht in den Ausschreibungsunterlagen ausschließen. Vielmehr empfiehlt das BMJ ihnen, sich in den Verträgen über die Erstellung von Studien, Gutachten und Umfragen ausdrücklich die Rechte zur Veröffentlichung übertragen zu lassen. Auch sollen sie darauf achten, dass Auftragnehmer:innen keine „Geheimhaltungsklauseln“ in den Vertrag aufnehmen.
  7. Die Veröffentlichungspflicht gilt nur solange und so weit deren Geheimhaltung nicht wegen Amtsverschwiegenheit geboten ist. Aus Sicht des Justizministeriums setzen die vergaberechtlichen Vertrauenspflichten die Vorschriften zum Informationszugang (und somit die Veröffentlichungspflicht) nicht generell außer Kraft. Der:Die Auftraggeber:in muss jeden Einzelfall prüfen. Das Justizministerium erläutert diesen Punkt ausführlich in seinem Rundschreiben vom 29. Juni 2023.