Rechtsschutz für Unternehmen im Vergabeverfahren – Teil 3: Das Feststellungsverfahren
Das Feststellungsverfahren bietet Unternehmen die Möglichkeit, Entscheidungen von Auftraggeber:innen nachträglich auf deren Rechtsmäßigkeit überprüfen zu lassen. Ziel ist es, festzustellen, ob die Entscheidungen rechtmäßig waren und ob Verstöße den Ausgang des Vergabeverfahrens beeinflusst haben.
Ziel und Anwendungsbereiche des Feststellungsverfahrens
Das Feststellungsverfahren dient dazu, nach der Zuschlagserteilung oder dem Widerruf eines Vergabeverfahrens zu klären, ob das Vergaberecht verletzt wurde. Beispiele hierfür sind etwa die rechtswidrige Wahl einer Direktvergabe oder eine Zuschlagserteilung entgegen den Vorgaben des Bundesvergabegesetzes 2018.
Antragsberechtigt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Vertragsabschluss hatte und durch die behauptete Rechtswidrigkeit einen Schaden erlitten hat oder diesen befürchten muss. Folgende Szenarien können einen Antrag auf Feststellung begründen:
- Unregelmäßigkeiten bei der Zuschlagserteilung: Wenn der Zuschlag entgegen den Ausschreibungsvorgaben erfolgte, etwa nicht an das wirtschaftlich günstigste Angebot.
- Durchführung ohne Bekanntmachung: Ein Vergabeverfahren wurde ohne die erforderliche öffentliche Bekanntmachung durchgeführt.
- Fehlende Mitteilung: Der Zuschlag wurde erteilt, ohne dass eine Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung erfolgte.
- Fehler bei Rahmenvereinbarungen: Bei Vergaben auf Basis von Rahmenvereinbarungen wurden zentrale Vorgaben nicht eingehalten.
- Unrechtmäßiger Widerruf: Ein Vergabeverfahren wurde aus unzulässigen Gründen widerrufen.
Unternehmen können in einem Antrag auch mehrere dieser Punkte gleichzeitig anführen, um verschiedene Verstöße innerhalb eines Verfahrens überprüfen zu lassen.
Fristen und Anforderungen
Ein Antrag auf Feststellung muss innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis der Zuschlagserteilung oder dem Widerruf eingebracht werden.
Achtung: Versäumen Antragsteller:innen die Frist, erlischt auch der Anspruch auf Feststellung, weswegen eine Wiedereinsetzung nicht mehr möglich ist.
Wichtige Inhalte eines Antrags sind – neben Angaben über die Einhaltung der Frist – unter anderem die Bezeichnung des Vergabeverfahrens und des Auftraggebers, die Darlegung des Sachverhalts sowie die Angabe des entstandenen oder drohenden Schadens und der behaupteten Rechtswidrigkeiten.
Entscheidungsfindung und Konsequenzen
Das Bundesverwaltungsgericht bzw. Landesverwaltungsgericht entscheidet in der Regel innerhalb von sechs Wochen über den Antrag. Wird ein Verstoß festgestellt, können unter anderem folgende Konsequenzen folgen:
- Nichtigerklärung des Zuschlags.
- Aufhebung eines bereits geschlossenen Vertrags.
- Verhängung von Geldbußen.
Besonders im Oberschwellenbereich sind Entscheidungen oft komplex, da das Gericht eine Abwägung zwischen den Interessen der beteiligten Parteien und den öffentlichen Interessen vornehmen muss.
Hinweis für Antragsteller:innen
Sollte bereits ein Nachprüfungsverfahren anhängig sein, kann dieses – falls der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen wurde – auf Antrag als Feststellungsverfahren weitergeführt werden. Dies gilt auch in besonderen Fällen, etwa wenn ein höheres Gericht (VfGH oder VwGH) einen Beschluss oder eine Erkenntnis aufgehoben hat, bevor ein Vergabeverfahren durch Zuschlag oder Widerruf abgeschlossen wurde.
Blog-Serie „Rechtsschutz für Unternehmen im Vergabeverfahren“
Unternehmen, die an Ausschreibungen teilnehmen, haben im Vergaberecht spezielle Rechtsschutzmöglichkeiten, um sich gegen rechtswidrige Entscheidungen zu wehren. Dieser Beitrag ist der dritte Teil unserer fünfteiligen Blog-Serie „Rechtsschutz für Unternehmen im Vergabeverfahren“.
- Teil 1 der Serie beschäftigt sich mit dem Nachprüfungsverfahren
- Teil 2 mit der einstweiligen Verfügungen
- Teil 4 mit der Revision und
- Teil 5 beschliesst unsere Blog-Serie mit der Beschwerde an den VfGH