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Rechtsschutz nach Zuschlagserteilung: Der Feststellungsantrag

2 Minuten Lesezeit

Wenn in einem Vergabeverfahren der Zuschlag bereits erteilt wurde, können Auftraggeberentscheidungen nicht mehr in einem Nachprüfungsverfahren angefochten werden. Unternehmer können jedoch nach Abschluss eines Vergabeverfahrens bestimmte Rechtsverstöße von öffentlichen Auftraggebern in einem Feststellungsverfahren geltend machen. Das Vorliegen eines Feststellungsurteils ist u.a. Voraussetzung für die gerichtliche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, die Unwirksamkeitserklärung des Widerrufs oder die Nichtigerklärung von Verträgen.

Ein Feststellungsantrag kann von allen Unternehmern gestellt werden, die ein Interesse am Vertragsabschluss haben und denen ein Schaden entstanden ist oder ein Schaden zu entstehen droht. Der Feststellungsantrag muss binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem die Antragsteller vom Zuschlag bzw. vom Widerruf Kenntnis erlangt haben oder Kenntnis erlangen hätten können, gestellt werden. Ein Feststellungsantrag ist unzulässig, wenn der behauptete Verstoß (rechtzeitig) im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens hätte geltend gemacht werden können.

Welche Feststellungen kann das Gericht treffen?

Das zuständige Verwaltungsgericht kann u.a. die Feststellung treffen,

  • dass der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis (Billigstbieter) oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot (Bestbieter) erteilt wurde,
  • dass ein Verfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde (derartige Feststellungsanträge haben in der Regel den Zweck, die Zuerkennung von Schadenersatz vorzubereiten und die Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrags zu erreichen),
  • dass der Zuschlags rechtswidrigerweise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt wurde,
  • dass der Zuschlag bei Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems rechtswidrig war oder,
  • dass der Widerruf rechtswidrig war.

Manche Feststellungen darf das Gericht nur treffen, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war. Dies betrifft z.B. die Feststellungen, dass der Zuschlag nicht dem Best- bzw. Billigstbieter erteilt wurde oder dass der Widerruf rechtswidrig war.

In anderen Fällen, etwa wenn das Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde, hat das Gericht im Anschluss an eine entsprechende Feststellung den Vertrag von Amts wegen für absolut nichtig zu erklären, diesen aufzuheben oder eine Geldbuße zu verhängen. Grundsätzlich ist der Nichtigerklärung des Vertrags der Vorzug zu geben. Bei Vorliegen zwingender Gründe des Allgemeininteresses können Auftraggeber von einer Nichtigerklärung absehen. Kann die erbrachte Leistung oder ein erbrachter Leistungsteil nicht mehr oder nur wertvermindert rückgestellt werden, kann der Vertrag auch nur teilweise oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben werden.

Sieht das Gericht von einer Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrags ab oder hebt diesen nur teilweise oder später auf, hat es eine Geldbuße über die Auftraggeber zu verhängen. Die Höchstgrenze für eine Geldbuße beträgt im Oberschwellenbereich 20% und im Unterschwellenbereich 10% der Auftragssumme.

Welche Möglichkeiten haben Auftraggeber in Feststellungsverfahren?

Auftraggeber können bei manchen Feststellungsanträgen die Feststellung beantragen, dass Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätten. Derartige Anträge dienen in der Regel der Abwehr von künftigen Schadenersatzansprüchen. Ein entsprechender Antrag ist z.B. zulässig, wenn Unternehmer die Feststellung beantragt haben, dass der Zuschlag nicht dem Best- bzw. Billigstbieter erteilt wurde.

Bei anderen Feststellungsanträgen (z.B. dem Antrag auf Feststellung, dass das Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde), können Auftraggeber u.a. beantragen, von der Nichtigerklärung des Vertrags abzusehen.

Geprüft von FSM Rechtsanwaltskanzlei