VwGH bestätigt: Ausschluss wegen Insolvenzeröffnung im Vergabeverfahren
Eine öffentliche Sektorenauftraggeberin schied das Angebot der Bietergemeinschaft aus, da über das Vermögen eines ihrer Mitglieder ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Im Urteil Ro 2020/04/0033 vom 24. Jänner 2024 stellte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) klar, wie während eines laufenden Vergabeverfahrens im Falle einer Insolvenzeröffnung zu verfahren ist.
Hintergrund des Falls
Die öffentliche Sektorenauftraggeberin führte ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Bauauftrages über die Errichtung einer Kraftwerksanlage durch. Nach Einreichung des Angebots durch die Bietergemeinschaft, aber vor Abschluss des Vergabeverfahrens, wurde über ihr Vermögen ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet.
Trotz positiver Umstände – wie dem vom Gläubigerausschuss akzeptierten Sanierungsplan, der Erklärung der Bindungswirkung zum Angebot durch den Masseverwalter und der gesetzlichen Solidarhaftung der Arbeitsgemeinschaft – entschied die Auftraggeberin, das Angebot aufgrund der damit verbundenen Risiken und Unsicherheiten auszuschließen. Die Bietergemeinschaft focht diese Entscheidung an und argumentierte, dass die Auftraggeberin vom Ausschluss hätte absehen müssen.
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) verwies auf den Ermessensspielraum der Sektorenauftraggeberin. Es sei eine Prognoseentscheidung über die Leistungsfähigkeit des Unternehmens für die Durchführung des Auftrags zu treffen. Hierbei müssten sowohl die im Unternehmen begründeten Umstände als auch die konkreten Vorgaben und Umstände der Leistungserbringung berücksichtigt werden.
Die Sektorenauftraggeberin habe im Rahmen des Aufklärungsverfahrens alle relevanten Aspekte geprüft und sei berechtigterweise zu dem Schluss gekommen, dass die berufliche Zuverlässigkeit aufgrund der Insolvenz nicht mehr sichergestellt sei.
Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
Nach Revision durch die Bietergemeinschaft bestätigte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) diese Ansicht. Seiner Auffassung nach hatte die Auftraggeberin der Bietergemeinschaft ausreichend Gelegenheit gegeben, ihre Leistungsfähigkeit trotz der Insolvenz eines Mitglieds nachzuweisen. Der VwGH stellte klar, dass die Prüfung der Leistungsfähigkeit eine einzelfallbezogene Beurteilung darstelle. In diesem Fall sei die Auftraggeberin zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass die Leistungsfähigkeit zur Auftragserfüllung nicht mit hinreichender Sicherheit gewährleistet gewesen war.
Die Bietergemeinschaft argumentierte zudem, dass eine Pflicht zur Weiterführung von Verträgen bei Zustimmung des Masseverwalters aus den insolvenzrechtlichen Bestimmungen resultiere. Der VwGH entgegnete jedoch, dass sich die Insolvenzordnung auf bereits abgeschlossene zweiseitige Verträge bezieht. Im vorliegenden Fall war es jedoch aufgrund des laufenden Vergabeverfahrens zu keinem Vertragsabschluss gekommen.