Rechtsschutz für Unternehmen im Vergabeverfahren – Teil 2: Die einstweilige Verfügung
Für den Rechtsschutz für Unternehmen, die an Vergabeverfahren teilnehmen, spielen einstweilige Verfügungen, die im Rahmen sogenannter Provisorialverfahren beantragt werden können, eine zentrale Rolle.
Einstweilige Verfügungen sind für Unternehmen vor allem im Rahmen des Nachprüfungsverfahren ein wichtiges Instrument, um vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren und Nachteile bis zur endgültigen Entscheidung zu vermeiden.
Was ist das Provisorialverfahren?
Das Provisorialverfahren ermöglicht es Unternehmen, durch eine einstweilige Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts oder der Landesverwaltungsgerichte vorläufige oder teilweise Maßnahmen zur Sicherung seiner Interessen im Vergabeverfahren zu beantragen. Ziel ist es, eine drohende oder bereits eingetretene Schädigung abzuwenden, bis über den Hauptantrag entschieden wird.
Welche Wirkung hat eine einstweilige Verfügung?
Mit einer einstweiligen Verfügung kann das Vergabeverfahren in bestimmten Punkten vorübergehend gestoppt werden. Typische Beispiele sind:
- Das Verbot der Öffnung von Angeboten.
- Die Untersagung der Zuschlagserteilung.
- Die Aussetzung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung.
Wichtig ist dabei: Die Auftraggeber:innen sollen durch diese Maßnahme nicht gänzlich an der Fortführung des Verfahrens gehindert werden. Die Maßnahmen sind darauf ausgelegt, nur so weit in das Verfahren einzugreifen, wie es zur Wahrung der Rechte der Antragsteller:innen erforderlich ist.
Voraussetzungen für den Antrag
Ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung muss bestimmte Kriterien erfüllen, um erfolgreich zu sein. Der Antrag muss:
- Das Vergabeverfahren genau bezeichnen (inklusive Auftraggeber:in und Verfahrensdetails).
- Die behauptete Rechtswidrigkeit darlegen.
- Die drohende Schädigung der Interessen des Antragstellers glaubhaft machen.
- Die begehrte Maßnahme genau beschreiben.
- Nachweisen, dass der Antrag fristgerecht eingebracht wurde.
Abwägung der Interessen
Das Bundesverwaltungsgericht bzw. die Landesverwaltungsgerichte entscheiden im Provisorialverfahren nicht allein auf Basis der eingereichten Unterlagen, sondern führen auch eine Interessenabwägung durch. Dabei werden die Folgen der einstweiligen Verfügung für alle Beteiligten – also den Antragsteller:innen, den Auftraggeber:innen und gegebenenfalls andere Bieter:innen – gegeneinander abgewogen.
Nur wenn die Vorteile der einstweiligen Verfügung die potenziellen Nachteile überwiegen, wird der Antrag stattgegeben. Sollte der Eingriff jedoch unverhältnismäßig sein, wird der Antrag abgelehnt.
Zeitliche Aspekte und Fristen
Das Provisorialverfahren zeichnet sich durch seine Schnelligkeit aus. Das Bundesverwaltungsgericht muss innerhalb von zehn Tagen über den Antrag entscheiden. Sollte der Antrag zur Verbesserung zurückgestellt werden, verlängert sich die Frist auf 15 Tage.
Eine einstweilige Verfügung tritt automatisch außer Kraft, wenn der Antrag auf Nichtigerklärung zurückgezogen wird oder die festgelegte Geltungsdauer der einstweiligen Verfügung abgelaufen ist.
Blog-Serie „Rechtsschutz für Unternehmen im Vergabeverfahren“
Unternehmen, die an Ausschreibungen teilnehmen, haben im Vergaberecht spezielle Rechtsschutzmöglichkeiten, um sich gegen rechtswidrige Entscheidungen zu wehren. Dieser Beitrag ist der zweite Teil unserer fünfteiligen Blog-Serie „Rechtsschutz für Unternehmen im Vergabeverfahren“.
- Teil 1 der Serie beschäftigt sich mit dem Nachprüfungsverfahren
- Teil 3 mit dem Feststellungsverfahren
- Teil 4 mit der Revision und
- Teil 5 beschliesst unsere Blog-Serie mit der Beschwerde an den VfGH