Regierungsprogramm 2025–2029: Was ändert sich für Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen?
Bildquelle: orf.at
Die neue österreichische Bundesregierung hat im März 2025 in ihrem Regierungsprogramm einige Maßnahmen angekündigt, die sich auf Unternehmen auswirken könnten, die an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen. Doch welche Reformen sind tatsächlich geplant, und was bedeutet das für die Praxis? Wir haben das Programm für Sie gelesen und die wichtigsten Punkte analysiert.
Hinweis: Naturgemäß gibt es für die im Regierungsprogramm festgelegten Vorhaben derzeit keinen klaren Zeitplan für die Umsetzung, und es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen tatsächlich realisiert werden und in welcher Form.
Das gesamte Regierungsprogramm 2025–2029 können Sie bei uns herunterladen.
Erhöhte Schwellenwerte für Aufträge: Mehr Direktvergaben, dafür weniger veröffentlichte offene Verfahren?
Ein zentraler Punkt der geplanten Reform ist die Überführung der sogenannten Schwellenwertverordnung ins Dauervergaberecht. Sollte dies umgesetzt werden, bedeutet das:
Es können größere Aufträge mit Direktvergaben vergeben werden:
- Bauaufträge könnten dann bis zu einem Auftragswert 200.000 Euro netto direkt vergeben werden.
- Liefer- und Dienstleistungsaufträge bis 150.000 Euro ebenso.
Nicht offene Verfahren im Bauwesen könnten bis 2 Mio. Euro ohne vorherige Bekanntmachung möglich sein.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Sollte diese Regelung tatsächlich eingeführt werden, könnten sich Vorteile für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) ergeben, da sie sich möglicherweise weniger häufig in offenen Vergabeverfahren gegen mehr bzw. größere Anbieter durchsetzen müssen, wenn sie direkt von öffentlichen Auftraggebern zur Teilnahme an Direktvergaben eingeladen werden. Außerdem ist die Teilnahme an Direktvergaben in der Regel einfacher und mit weniger Aufwand für Unternehmen verbunden.
Gleichzeitig könnte dies aber auch zu einer geringeren Anzahl von Vergabeverfahren führen, deren Start gesetzlich veröffentlicht werden muss. Damit wird es schwerer für Unternehmen öffentlich ausgeschriebene Verfahren zu finden und daran teilzunehmen, wodurch Unternehmen weniger Möglichkeiten hätten, sich um Aufträge zu bewerben.
Unser Tipp:
Unternehmen sollten daher frühzeitig und regelmäßig den Kontakt zu öffentlichen Auftraggeber:innen suchen und intensivieren, da die dadurch erhöhte Bekanntheit die Wahrscheinlichkeit erhöht zu Direktvergaben eingeladen zu werden.
Derzeit gilt noch eine Schwellenwertverordnung bis Ende 2025 – Details dazu können Sie hier in unserem Blog nachlesen.
Nachhaltigkeit & Regionalität: Neue Vergabekriterien geplant
Die öffentliche Hand soll künftig noch stärker nachhaltige und regionale Anbieter:innen bevorzugen. Das Regierungsprogramm nennt dazu unter anderem:
- Umsetzung und konsequentes Monitoring des „Aktionsplan nachhaltige öffentliche Beschaffung“ – eine stärkere Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Beiträge (mehr Informationen dazu finden Sie unter nabe.gv.at).
- Verankerung des 55-Prozent-Bio-Ziels bei der Beschaffung im Bereich Bio-, tiergerechter und regionaler Lebensmittel für alle Ministerien bis 2030
- Konsequente Anwendung von Regionalitätskriterien, insbesondere bei der Beschaffung von Lebensmitteln.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Sollte diese Maßnahme umgesetzt werden, könnten sich neue Chancen für nachhaltig wirtschaftende Unternehmen ergeben. Gleichzeitig könnten aber auch zusätzliche Nachweispflichten entstehen, um Nachhaltigkeitskriterien nachzuweisen.
Unser Tipp:
Falls Ihr Unternehmen über Zertifikate oder Nachhaltigkeitsstrategien verfügt, sollten Sie diese bereits jetzt in Ihren Teilnahmen an Ausschreibungen und Angeboten gezielt hervorheben. Falls nicht, könnte es sinnvoll sein, sich mit den möglichen neuen Anforderungen frühzeitig auseinanderzusetzen.
Unser Fazit: Mehr Möglichkeiten – aber viele offene Fragen
Das Regierungsprogramm 2025-2029 deutet auf einige Änderungen hin, die sich auf öffentliche Ausschreibungen auswirken könnten. Sollte es zur Umsetzung kommen, könnten Unternehmen von:
- Höheren Schwellenwerten und mehr Direktvergaben profitieren – oder aber unter einer sinkenden Anzahl öffentlicher Ausschreibungen leiden.
- Neuen Nachhaltigkeitskriterien betroffen sein – mit möglichen Chancen, aber auch zusätzlichen Anforderungen.
- Digitalisierten Verwaltungsprozessen profitieren – allerdings bleibt abzuwarten, wie stark sich diese tatsächlich auf die Vergabepraxis auswirken.
Wird es eine Novelle des Bundesvergabegesetzes geben?
Während das Regierungsprogramm einige Anpassungen für den Vergabebereich vorsieht, fehlt ein klares Bekenntnis zu einer Novellierung des Bundesvergabegesetzes. Dieses wäre längst überfällig, da sich über die Jahre zahlreiche Anpassungen angestaut haben, die in den letzten Jahren bereits von der zuständigen Stabsstelle im Bundesministerium für Justiz ausgearbeitet wurden. Ob die neue Regierung hier aktiv wird oder und ob sich hier weitere Erleichterungen für Unternehmen ergeben werden, bleibt abzuwarten. Das gesamte Regierungsprogramm 2025–2029 können Sie bei uns herunterladen.
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