der auftrag.at-Blog

zurück zur Übersicht

So funktioniert die Schwestern Inhouse-Vergabe

2 Minuten Lesezeit

Die Regelungen des Vergaberechts sind auf Inhouse-Vergaben nicht anwendbar. Das Bundesvergabegesetz normiert genaue Kriterien, wann so eine Vergabe vorliegt und somit von seinem Anwendungsbereich ausgenommen wird. Neben den Kriterien für eine „klassische“ vertikale Inhouse-Vergabe kennt das Gesetz noch die umgekehrte, sogenannte „Bottom-up“ Inhouse-Vergabe und die horizontale „Schwestern“ Inhouse-Vergabe.

Während bei einer vertikalen Inhouse-Vergabe der kontrollierende Rechtsträger (Muttergesellschaft) dem kontrollierten Rechtsträger (Tochtergesellschaft) einen Auftrag erteilt, wird bei der Schwestern Inhouse-Vergabe der Auftrag von einer Tochtergesellschaft an eine andere Tochtergesellschaft erteilt. Für eine vergabefreie Auftragserteilung zwischen zwei Schwestergesellschaften müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden:

1. Kontrollkriterium

Bei horizontalen Inhouse-Vergaben unterstehen Auftraggeber und Auftragnehmer der Kontrolle desselben Rechtsträgers. Sie sind also Schwestergesellschaften und unterstehen derselben Muttergesellschaft. Die Muttergesellschaft muss über die beiden Tochtergesellschaften eine ähnliche Kontrolle ausüben wie über die eigene Dienststelle. Sie hat also einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen der Tochtergesellschaften und kann ihr Verhalten allein bestimmen.

Die Kontrolle über die beiden Schwestergesellschaften muss die Muttergesellschaft nicht direkt ausüben, sie kann auch mittelbar, z.B. über eine dazwischengeschaltete Tochter, erfolgen. Genau wie bei der klassischen Inhouse-Vergabe ist auch eine gemeinsame Kontrolle zulässig.

2. Wesentlichkeitskriterium

Mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der beauftragten Schwestergesellschaft müssen der Erfüllung von Aufgaben für die Muttergesellschaft dienen. Maßgeblich ist der durchschnittliche Gesamtumsatz aller während der letzten drei Jahre erbrachten Leistungen oder ein anderer geeigneter, in Relation zu den jeweiligen Tätigkeiten stehender, Wert. Wenn es für die letzten drei Jahre wegen erst später erfolgter Unternehmensgründung oder Aufnahme der Geschäftstätigkeit keine solche Werte gibt oder diese wegen einer Umstrukturierung nicht mehr relevant sind, so reicht es, die Ermittlung des Anteiles der Tätigkeiten z.B. durch Prognosen über die Geschäftsentwicklung glaubhaft zu machen.

3. Beteiligungskriterium

Es darf keine direkte private Kapitalbeteiligung an der beauftragen Schwestergesellschaft bestehen. Das heißt, es dürfen nur öffentliche Auftraggeber Anteilseigner oder Gesellschafter sein. Nicht beherrschende Formen der Kapitalbeteiligung und solche ohne Sperrminorität, die jeweils in Übereinstimmung mit dem AEUV durch gesetzliche Bestimmungen eines Mitgliedstaates vorgeschrieben sind und keinen ausschlaggebenden Einfluss auf die beauftragte Schwestergesellschaft vermitteln, schaden jedoch nicht der vergabefreien Inhouse-Vergabe. Auch eine indirekte private Kapitalbeteiligung ist unproblematisch, etwa wenn öffentliche Auftraggeber ausschließlich Anteilsinhaber der beauftragten Schwestergesellschaft sind und selbst eine private Minderheitsbeteiligung aufweisen.