COVID-19-Gesetz: Nationalrat revidiert Fristenstopp im öffentlichen Auftragswesen
FSM erreicht Rechtssicherheit im Vergabewesen: Mit Erfolg haben wir in den letzten Tagen bei den maßgeblichen Stakeholdern auf eine Beseitigung der durch das zweite COVID-19-Gesetz geschaffenen Rechtsunsicherheiten gedrängt. Heute hat der Nationalrat den letzte Woche in Kraft getretenen Fristenstopp revidiert. Vergabeverfahren können nun rechtssicher fortgesetzt werden. Der Fristenlauf in den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist wieder aufgenommen.
Für laufende Projekte gibt es ebenfalls Neuigkeiten: Bei Zahlungsverzug als Folge der COVID-19-Pandemie werden Verzugszinsen beschränkt. Bei durch Corona bedingten Leistungsverzug entfallen Vertragsstrafen.
Hintergrund
Mit dem am 22.03.2020 in Kraft getretenen 2. COVID-19-Gesetz wurden unter anderem die Fristen für die Einleitung von Nachprüfungsverfahren verlängert und laufende Fristen in anhängigen Gerichtsverfahren unterbrochen. Dies ließ nicht nur immense Verzögerungen in laufenden Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erwarten. Auch Teilnahme- und Ausschreibungsunterlagen konnten vorerst nicht mehr bestandfest werden und eine Verzögerung zahlreicher Vergabeverfahren drohte.
Neuregelung COVID-19 Begleitgesetz Vergabe
Der Nationalrat hat heute im Rahmen des 4. COVID-19-Getzespaket Sonderregelungen für den Bereich des öffentlichen Auftragswesens beschlossen, die unter anderem einen Großteil der Rechtsfolgen des 2. COVID-19-Gesetzes im Vergaberecht revidieren (sogenanntes Bundesverfassungsgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens – COVID-19 Begleitgesetz Vergabe).
Die Neuregelung im Überblick:
Präklusion von Auftraggeberentscheidungen wieder möglich
Mit Inkrafttreten des COVID-19-Gesetzes Vergabe endet die Hemmung der Anfechtungsfristen. Die am 22.03.2020 noch zur Verfügung gestandene Anfechtungsfrist läuft ab 05.04.2020 weiter. Dies gilt nicht für Beschwerde- und Revisionsfristen an den VfGH und VwGH (§ 3 COVID-19 Vergabe).
Verfahrensrechtliche Neuerungen
- Ende der Unterbrechung von Fristen in anhängigen Gerichtsverfahren: Die Fristen beginnen mit 7. April 2020 neu zu laufen. Dies gilt nicht in Feststellungsverfahren und Verfahren vor VfGH und VwGH (§ 2 COVID-19 Vergabe).
- Elektronische Kommunikation bei Verwaltungsgerichten (§ 4 COVID-19 Vergabe):
- Digitale Akteneinsicht per E-Mail;
- Das Gericht kann die Verwendung allgemein zugänglicher Kommunikationsprogramme vorschreiben (Verhandlungen per Videokonferenz);
- Beratung und Abstimmung in Senaten auf elektronischen Wege möglich.
- Entfall der aufschiebenden Wirkung bei Anträgen auf einstweilige Verfügung: Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die etwa die Untersagung Zuschlagserteilung oder die Angebotsöffnung begehren, kommt normalerweise bis zur Entscheidung über die einstweilige Verfügung aufschiebende Wirkung zu. Dient ein Vergabeverfahren allerdings der dringenden Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iZm COVID-19 (Glaubhaftmachung des Auftraggebers), entfällt die aufschiebende Wirkung des Antrags (§ 5 COVID-19 Vergabe). Bei Dringlichkeitsbeschaffungen ist somit die Zuschlagserteilung möglich, trotzdem diese angefochten wurden und im Rahmen dessen eine einstweilige Verfügung beantragt wurde (allerdings nicht mehr, wenn die einstweilige Verfügung erlassen wurde und die Zuschlagserteilung darin untersagt wurde).
Gesetzesänderungen betreffend bestehende Vertragsverhältnisse
Ebenso am Programm der heute beschlossenen Neuregelungen steht das 2. COVID-19- Justiz-Begleitgesetz. Für Verträge, die vor dem 01.04.2020 abgeschlossen wurden, finden sich unter anderem folgende Regelungen:
- Beschränkung der Verzugszinsen auf den gesetzlichen Verzugszinsensatz für Zahlungen, die bis 30.06.2020 fällig werden: Bei Zahlungsverzug als Folge einer erheblichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie werden keine etwaig vereinbarten höheren Zinsen fällig und Inkassokosten sind vom Schuldner nicht zu ersetzen (§ 3 2. COVID-19-JuBG).
- Konventionalstrafen werden nicht fällig, wenn der Leistungsverzug Folge der COVID-19-Pandemie selbst oder einer aufgrund der COVID-19-Pandemie eingetretenen erheblichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist. Dies gilt auch für verschuldensunabhängige Vertragsstrafen (§ 4 2. COVID-19-JuBG).